Dreimal schon durfte sich Reinhard Joas als Vize-Europameister in Duathlon feiern lassen. Zum Titel hatte es bislang nicht gereicht, doch nun gelang ihm der große Wurf: Beim Cross-Duathlon Dolomiti Paganella wurde der 72-Jährige Europameister in der Altersklasse 70.
Steine, Wurzeln, Geröll, bis zu 20 Prozent Steigung auf der Mountainbike-Strecke: "Es war einer der härtesten Wettkämpfe in meiner Sportlerkarriere", berichtet Joas mit dem Abstand von ein paar Tagen zur Tortur im italienischen Bergmassiv Paganello im Trentino. Ausgeschrieben war die EM als "XTerra". So werden nur die besonders schweren Wettkämpfe bezeichnet.
Durchstehen konnte der Ausdauerathlet aus Marktbergel diese besondere Herausforderung über die Distanz von zweimal 4,2 Kilometer Laufen, die mit 185 Höhenmetern gespickt war, und die 30 Radkilometer nur deshalb so gut, weil er sich gewissenhaft vorbereitet hatte. "Auf dem Rad spulte ich rund 7.000 Trainingskilometer ab. Laufen musste ich gar nicht so viel, das geht bei mir wie von alleine." Und noch ein Aspekt war enorm wichtig, um sich mit dem EM-Titel schmücken zu können: "Ich bin rechtzeitig angereist und habe mir die Strecken gut eingeprägt." Eine Ahnung davon, wie hart es werden würde, hatte Joas so im Vorfeld gewonnen. Der Wettkampf selbst war noch einmal eine ganz andere Hausnummer.
Passagen nicht befahrbar
"Es war richtig brutal", bilanzierte der mehrfache Deutsche Duathlon-Meister, bei dem man wissen muss, dass ihm so schnell nichts zu schwer ist. " Manche Passagen waren gar nicht befahrbar." Im Vorfeld baten deshalb einige Altersklassenfahrer den Veranstalter , die Radstrecke doch bitteschön zu verkürzen. Dieser hat abgelehnt. "Der Wettbewerb war absolut EM-würdig", konstatierte Joas trocken. Immerhin: Das Wetter spielte mit. Bei optimalen 20 Grad ließen sich die Muskeln schnell auf Betriebstemperatur bringen.
Start und Ziel waren im Skiort Andalo. Als Einstieg warteten gleich mal 15 Prozent Steigung. Von 1.000 Metern ging es hoch bis auf 1.250 Meter, dann runter auf auf 900 Meter zum Molveno-See. Dort mussten in zwei Runden im Hauptort enge Gassen mit 17 Stufen und halsbrecherische Kurven bewältigt werden.
Zurück in Andalo wurden die letzten 4,2 Kilometer per pedes in Angriff genommen. Mit einer Gesamtzeit von vier Stunden und drei Minuten war für Joas die Quälerei im deutschen Nationaltrikot mit dem erhabenen Gefühl des EM-Titels beendet. In seiner Altersklasse 70 war es ein souveräner Sieg. Der Zweitplatzierte folgte erst eine halbe Stunde später. Etliche Seniorensportler erreichten das Ziel nicht innerhalb der knapp bemessenen Karenzzeit. Und auch das war Em-würdig: Für die Elite-Sieger wurden die Nationalhymnen abgespielt.
Deutsche Meisterschaft wartet
Zurück in der Heimat gilt es für das Mitglied der Herrieder Aqualeten, so schnell wie möglich die Energiespeicher im Körper wieder aufzufüllen. "Bei der Duathlon-EM habe ich 2.700 Kilokalorien verbrannt." Nun darf es auch einmal ein Stückchen Kuchen mehr sein. Das wird auch nötig sein, denn das Wettkampfsjahr ist für Reinhard Joas noch nicht beendet. Ende Oktober findet in der Nähe von Aachen die Deutsche Meisterschaft im Cross-Duathlon statt. Die Form ist da nd auch der Appetit nach noch mehr Titeln lässt nicht nach – nur so brutal wie im italienischen Bergmassiv muss es so schnell nicht mehr werden.
VON HERBERT RUFF